Fünf hilfreiche Gesichtspunkte für Einsteiger
Grundlagen für Einsteiger
Blickwinkel Fluggelände
Sie brauchen nicht nur nach oben viel Platz! Sie brauchen vor allem eine möglichst gleichmäßige Luftströmung ohne Verwirbelungen, wie sie durch Hindernisse wie Sträucher, Bäume, Häuser u.a. entstehen. Als Faustregel gilt: Lassen Sie nur dort Ihre Drachen steigen, wo Sie mindestens 250 Meter freies, möglichst ebenes Gelände im Rücken haben, also in die Richtung, aus der der Wind anströmt! Weitere Einzelheiten hierzu finden Sie auch bei unserem Abschnitt speziell zum Fluggelände.
Gesichtspunkt Sicherheit
Die belastbaren Werkstoffe moderner Drachen bergen erhebliche Verletzungsgefahren. Schützen Sie sich und andere durch großzügige Sicherheitsabstände zu
- Passanten und umherlaufenden Kindern
- Verkehrswegen
- Stromleitungen und Gewittern
Weitere Einzelheiten hierzu finden Sie auch bei unserem Abschnitt speziell zu Sicherheitsregeln.
Kriteium angemessener Wind
Wie bei den Flugzeugen ist es auch bei Drachen nicht möglich, Konstruktionen für alle Windbedingungen zu realisieren. Der Langstreckensegler und der Kampfjet sind effektiv unter Bedingungen, die keine Schnittmenge haben! Völlig analog dazu würde ein teurer Ultralight-Schwachwind-Trickdrachen weder einen Kiteboarder übers Wasser ziehen, noch einen Startversuch bei Windstärke 7 überleben können. Für jeden neuen Drachen und für jeden Drachenneuling folgt daraus:
- Beachten Sie unbedingt den empfohlenen Windbereich Ihres Drachens, der stets vom Hersteller angegeben wird und keinesfalls (auch nicht in Böen!) überschritten werden sollte.
- Lernen Sie Ihren neuen Drachen zunächst im unteren Bereich seines Windbereiches erst einmal kennen, da Sie nur so mit ausreichenden Festigkeitsreserven rechnen können, die Sie vielleicht aus Unerfahrenheit benötigen?! Die Kräfte am Drachen nehmen mit der Windgeschwindigkeit exponentiell zu. Behutsam können Sie nur dann einen Kite erfahren, wenn Sie sich mit ihm in seinem unteren Windbereich bei relativ langsamem Flug vertraut machen. Für die allermeisten Drachen (Einleiner wie Lenkdrachen, ausgenommen extreme Leichtwinddrachen/ Indoorkites und extreme Starkwinddrachen) liegt diese optimale Windgeschwindigkeit zum Kennenlernen bei Windstärke 2 bis 3 Bft, entsprechend etwa 10 bis 20 km/h.
- Ja, man kann unangenehm ungeduldig werden, wenn man auf diese Windbedingungen erst warten muss. Aber glücklicher Weise, herrschen genau diese Wetterbedingungen sehr häufig, denn Drachensaison ist das ganze Jahr! Und seinen tollen neuen Kite nicht gleich in der ersten steifen Brise aus Unerfahrenheit zu schreddern, ist ja auch ein schönes Ziel, oder?
Kriterien dafür, wie man auch ohne Windmessgerät die Windgeschwindigkeit im Freien einschätzen kann, finden Sie in unserem Info-Abschnitt zu Wind & Wetter.
Faktor selbstkritische Geduld
Wenn Sie zum ersten Mal mit einem Sportlenkdrachen auf die Wiese gehen, sollten Sie sich im Klaren darüber sein, dass Sie einen Sport ausprobieren wollen, in dem Europameisterschaften ausgetragen werden. Niemand verlangt Wunder von ihnen, aber ein bis zwei Stunden Übung sollten Sie sich selbst schon zugestehen, bis Sie den Kite halbwegs sicher vom Boden weg in mittlerer Höhe koordiniert hin und her bewegen (die berühmte “endlose, liegende 8” mit den Außenkurven vom Boden weg nach oben geflogen) und auch halbwegs sanft am äußersten Windfensterrand wieder landen können. Innerhalb dieser Anfangsphase sollten Sie folgendes beachten:
- Wenn Sie jemanden kennen, der schon ein wenig Erfahrung mit Drachen hat, sollten Sie diese Person um Begleitung und praktische Hilfe bitten.
- Vergessen Sie die hektischen Zupfbewegungen von Trickflug-Profis! Drachen fliegen in der Schwebe einer feinen Balance von Auftriebs- und Gewichtskräften, die viel niedriger sind, als die starken Zugkräfte an den Leinen. Das heißt, neben der z.T. deutlichen Kraft, den Drachen zu halten, kommt es jetzt auf Fingerspitzengefühl an, ihn zu steuern - mit zarten, weichen, kleinen Bewegungen von einigen wenigen Zentimetern! Versuchen Sie Höhe zu gewinnen und den Drachen mit minimalen Steuerbewegungen möglichst ruhig auszubalancieren. Wenn Sie rechts etwas verkürzen fliegt er rechts herum - so lange, bis sie auf beiden Seiten wieder gleiche Länge zum Geradeausflug herstellen. Ziehen Sie links, fliegt er links herum. Lassen Sie die Ellbogen nahe am Körper - die Lenkimpulse sind deutlich kürzer, als Sie denken!
- Widerstehen Sie der Versuchung, die Waageeinstellung bei Lenkdrachen zu verändern, wenn es nicht gleich klappt. In mehr als 99% der Fälle sind die Waageeinstellungen von Lenkdrachen beim Kauf in Ordnung. Also Finger weg von Lenkdrachenwaagen; bleiben Sie als Anfänger selbstkritisch und ersparen Sie sich das Fiasko, eine vernünftige Waagegeometrie wieder herstellen zu müssen. Anders verhält es sich bei Einleinern mit verstellbarer Waage, denn hier ist eine Anpassung wesentlich einfacher und entsprechend der Windbedingungen u.U. evtl. sinnvoll.
Bitte beachten Sie hierzu unseren Abschnitt zum Feintuning.
Betrachtung vorbereiteter Bodenkontakt
In der gesamten Fliegerei nennt man die flugtechnische Alternative zum Absturz eine Landung, die sich vor allem dadurch auszeichnet, dass man sie beliebig oft wiederholen kann! Auch Drachen müssen nicht abstürzen - auch Drachen können gelandet werden. Das wichtigste dabei ist, dass Sie sich bereits vor dem ersten Start darauf vorbereiten:
Machen Sie sich folgendes klar: nahezu jeder Drachenneuling neigt dazu, bei einem abstürzenden Drachen reflexhaft kräftig an der Leine / den Leinen zu ziehen (wohl weil dies in einer normalen Flugposition zur Beschleunigung und Höhenzunahme führt). Wenn aber beim Absturz die Drachennase Richtung Boden zeigt, führt diese Beschleunigung zu einem verschärften Aufprall! Anstatt den Kite reflexhaft in den Boden zu rammen, sollte man genau das Gegenteil tun, nämlich mit einer schnellen Bewegung auf den Drachen zu, den Absturz entschärfen! Dies gilt für alle Drachentypen, ob Einleiner, Zweileiner oder Vierleiner.
Natürlich kann und sollte man versuchen, einen Strömungsabriss in großer Höhe mit einem kräftigen Ziehen an der Leine abzufangen. Aber hämmern Sie es sich ein: wenn der Absturz unausweichlich ist, unbedingt kurz vor dem Bodenkontakt mit zwei oder drei schnellen Schritten und gleichzeitig nach vorne gerissenen Armen, den Druck von der Leine / den Leinen nehmen, dass mildert die Kräfte deutlich, der Kite gleitet sanft zu Boden und das Material wird erheblich geschont!
Trickflieger kennen eine Reihe von unterschiedlichsten, anspruchsvollen Landemanövern. Für den Anfang gelingen bewusst eingeleitete, sanfte Landungen bei Lenkdrachen und Zweileiner-Matten am besten so: den Kite ganz nach außen an den Rand des Windfensters fliegen, mit minimalem Zug der Außenhand etwas tiefer zum Boden holen und kurz vor/ während des Bodenkontaktes mit ein paar schnellen Schritten in Windrichtung die Leinenspannung komplett lockern. Vierleiner werden meist durch gezieltes rückwärts Fliegen in einer Parkposition gelandet, die der optimalen Lage für den nächsten Start aus der Mitte des Windfensters heraus entspricht.